„Für junge Menschen ist Eigentum die beste Maßnahme gegen Altersarmut“, diese Aussage von Sebastian Kurz (ÖVP) sorgte im Wahlkampf 2017 schon für viel Unmut. Damals war dieser „Rat“ bereits für den größten Teil der Bevölkerung der reinste Hohn. Heute, sechs Jahre später, ist der Traum vom „Eigenheim“ de facto unerreichbar geworden.
In Österreich leben 48% der Bevölkerung (nach Hauptwohnsitz) im Eigentum, 42% in Mietverhältnissen, der Rest verteilt sich auf Dienstwohnungen oder unentgeltlichen Wohnverhältnisse. Auffallend dabei ist, dass sich die Mietverhältnisse im städtischen Bereich konzentrieren, während das Eigentum in ländlicheren Gebieten im Verlauf der letzten Jahre weiter zunahm. In Wien gibt es einen Anteil von 75% an Mietern, während diese im Burgenland lediglich 20% ausmachen. In den Bundesländern wohnen jeweils über 50% der Bevölkerung im Eigentum, im Burgenland sind es sogar 71%. Allgemein zeigt sich laut Erhebungen der Statistik Austria, dass, je größer die Gemeinden der Einwohnerzahl nach, desto weniger leben in Eigentumsverhältnissen. In Wien sind dies 20%, in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern 33%, in Gemeinden zwischen 10.000 und 100.000 Einwohner sind es 47% und alle Gemeinden die kleiner sind, haben einen Anteil von sogar 65%.
Dass in Österreich das „Eigentum“ an erster Stelle liegen würde ist aber dennoch falsch, denn knapp 40 Prozent der Eigentumsbesitzer zahlten im Jahr 2021 einen Kredit zur Finanzierung ihres Haus- oder Wohnungseigentums zurück. Das heißt fast die Hälfte aller „Eigentümer“ gehören nicht den Menschen die darin wohnen, sondern den Banken, die den Kredit vergeben. Sie bezahlen im Schnitt sogar mehr pro Monat an die Bank, als ein Mieter an den Hausbesitzer. Schon 2017 war fast jedes zweite Eigenheim mit einem Kredit oder Hypothek belastet. Die Knechtschaftsbedingungen der Banken für Wohnkredite werden immer dreister: Für einen Kredit werden 20% Eigenkapital verlangt, zudem darf die Kreditrate nicht mehr als 40% des Nettolohns ausmachen. Seit August 2022 gab es einen Rückgang von Wohnkrediten um 40%. Neben den neuen, für die sogenannten „Normalverdiener“ unmöglichen Regelungen, dürften steigende Zinsen, die allgemeinen Teuerungen und der damit einhergehende Lohnverlust ausschlaggebend sein.
In den vergangenen 12 Jahren sind die Kosten im Eigentum zu wohnen um mehr als das Doppelte gestiegen. Wo man für eine 80m2 Wohnung noch 160.000 Euro zahlte, zahlt man heute 350.000; Grundstückpreise haben sich verdoppelt, in Innsbruck sogar verdreifacht. Alleine um sich eine Wohnung leisten zu können, muss man heute bei einem durchschnittlichen Einkommen 60 Jahre lang sparen, ganz zu Schweigen vom Hausbauen, was unter dem Eindruck der Teuerungen ein Ding der Unmöglichkeit wurde. Die sogenannte „Häuslbauernation“ ist ein Trugbild, das die Herrschenden aufrecht erhalten möchten. Die Bedingungen um eine Wohnung oder Haus ohne enorme Miet- oder Kreditkosten zu bekommen, haben sich massiv verschlechtert und entweder wird man von der Bank, oder vom Immobilienkonzern drangsaliert. Wenn man 30-40 Jahre seines Lebens die Schulden bei der Bank begleichen muss, kann nicht von einem „Eigenheim“ gesprochen werden. Den „Traum vom Eigenheim“ unter derzeitigen Bedingungen zu propagieren, kommt also vor allem den Bankkapitalisten zu Gute.
Sowohl die zunehmenden Schwierigkeiten in Mietverhältnissen, als auch die Knebelverhältnisse im „Eigentum“, haben gemeinsame Wurzeln: Teuerungen und Lohnverlust. Wer gewinnt sind die Monopole, wie Banken, Energieversorger, Wohnbaugesellschaften usw., wie die jüngere Vergangenheit zeigte, unabhängig davon ob staatlich oder privat. Forderungen die heute erhoben werden nach Mietpreisbremsen, mehr sozialem Wohnbau oder leichterer Kreditvergabe können zwar eine unmittelbare Erleichterung für die Bevölkerung sein, lösen die Wohnfrage jedoch nicht. Beim angeblich „sozialen“ Wohnbau verdienen Monopole ganz direkt von unseren Steuergeldern. Die Mietpreisbremse würde zwar weitere Erhöhungen erschweren, aber die Mieten noch nicht auf ein niedrigeres Niveau senken. Leichtere Kredite bedeuten höhere Schulden und mehr Eigentum für die Banken.
Ein wesentlicher Hebel aus dieser Miesere ist die Anhebung der Löhne, die trotz Kostenexplosion kaum gestiegen sind. Zudem liegt es offen, dass die Sanktionspolitik gegen Russland zwar nicht die Inflation verursacht, aber vertieft. Während einzelne Monopole profitieren, werden Teuerungen, die sich besonders stark in den Energie- und Baukosten ausdrücken, der Bevölkerung aufgelastet. Nicht zuletzt ist es auch eine Frage von Steuern. Die Steuereinnahmen sind so hoch wie noch nie, die Last tragen die Arbeiter und Volksmassen, deren Leben wird „unleistbar“, während Monopole und Staat Hand in Hand profitieren. Eine Abschaffung aller indirekten Steuern (Mehrwert-, Tabak-, Getränkesteuer usw.) und eine Einführung einer stark progressiv ansteigenden Einkommenssteuer (abhängig vom Einkommen, zahlt man einen höheren Anteil), würden eine Erleichterung für die Bevölkerung bringen.
„...sollen sie halt Kuchen essen!“ Dass sich „die Menschen“ zunehmend weder Eigentum noch Miete leisten können, liegt nicht an Naturgesetzen, sondern an den Verhältnissen im modernen Kapitalismus. Die Bevölkerung, seien es Arbeiter, Angestellte oder Kleinunternehmer, leiden zunehmend unter den Versuchen der Herrschenden sich aus der Krise zu retten. Was es braucht, ist der Zusammenschluss „von unten“, um für fortschrittliche Forderungen und eine Verbesserung der Lebensgrundlagen zu kämpfen.
Quellen:
Statistik Austria: Wohnen 2022. Zahlen, Daten und Indikatoren Wohnstatistik
Momentum Institut: Eigenheim: Glück allein? (27.6.2023)
Der Standard: EU-weit zweitniedrigste Eigentumsquote in Österreich, 2.11.2017
Bildquelle: Betongebäude - lil artsy - pexels, CCO
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