top of page
Maria L.

Gesundheit: ein Kampffeld das erobert werden muss.


Immer deutlicher werden die Engpässe und Notstände in unserer Gesundheitsversorgung sichtbar. Sei es der teilweise massive Hausärztemangel, die Unterbesetzung in den Krankenhäusern oder die Kürzungen der Kassen-Leistungen. Selbst die Herrschenden und ihre Medien kommen nicht daran vorbei diese Zustände zu thematisieren.


Es sind jene in politischer Macht und Verantwortung, die seit Jahrzehnten eine Politik der Kürzungen betreiben. Erinnern wir uns an die Spitalsreform II in Oberösterreich (ÖVP), oder das Spitalskonzept 2032 in Wien (SPÖ). Beides führte unter dem Deckmantel der Zentralisierung und Optimierung zu einem großangelegten Abbau der Infrastruktur in den ländlichen Gebieten bzw. der lokalen Versorgung in den Städten. Zuletzt wurden aber auch in den „zentralisierten“ Krankenhäusern Hilferufe des medizinischen Personals laut. Betten konnten nicht belegt werden, da es an Personal mangelt, sogar Intensivpatienten mussten verlegt werden. Laut Rechnungshof wurden die Ziele der Spitalsreform II beim Bettenabbau sogar um zehn Prozent übertroffen: 800 Betten wurden zwischen 2011 und 2020 gestrichen. (1)


Diese Umstände fielen weder vom Himmel, noch wurden sie durch die Pandemie verursacht. Schon 2018 mussten in Wien wegen Personalmangel Intensivbetten für Neugeborene gesperrt werden (2). 2016 gab es Zeitungsberichte über die Zustände in den Spitälern, wo außerhalb einer Notsituation wie Grippewelle oder Pandemie, zwischen 20 und 45 Patienten auf den Gängen untergebracht wurden (3).


Neben diesen Einschnitten wird aber auch „passiv“ die Versorgung verschlechtert. Stichwort Fachärztemangel. Laut internationalen Studien hat Österreich eine der höchsten Ärztedichten in der Bevölkerung. Woher kommt also der Mangel? Zum einen werden in Österreich im Gegensatz zu anderen Ländern auch Ärzte in Ausbildung die bereits praktizieren mitgezählt, zum anderen wird das Verhältnis von Privaten- und Kassenärzten nicht darin aufgeschlüsselt. Laut Statistiken der Ärztekammer, gibt es in Wien mit 6,8 Ärzten auf 1.000 Einwohner die höchste Ärztedichte in Österreich. Der Anteil der Kassenärzte jedoch betrug 2015 schon lediglich 17,8 Prozent und verringerte sich 2021 auf 14,6 Prozent. Im Gespräch mit jungen ÄrztInnen bekamen wir die Rückmeldung, dass es für Ärzte immer unattraktiver gemacht wird sich niederzulassen und vor allem einen Kassenvertrag einzugehen. Das liegt an schlechten Regelungen, Streichungen von Leistungen oder dem nicht Anpassen von Honoraren. Gemeinschaftspraxen oder Gesundheitszentren könnten den Ärzten zwar entgegenkommen, vor allem was flexiblere Arbeitszeiten und geteilte Kosten beträfe, ändern aber noch nichts an den Kassenverträgen.


Für die Bevölkerung kommt es zu Versorgungsengpässen, am Land teilweise massiv, doch auch in den Städten schon deutlich spürbar. In Linz gibt es für über 200.000 Einwohner lediglich fünf Kassen-Kinderärzte, fast alle haben bereits ein Aufnahmestopp an neuen Patienten. Im Bezirk Lilienfeld gibt es für über 12.000 Einwohner keinen einzigen, im Bezirk Melk nur eine Kassen-Kinderärztin für 40.000 Einwohner.


Fakt ist: eine flächendeckende Gesundheitsversorgung ist schon nicht mehr gewährleistet. Gesundheit wird zunehmend ein großer individueller Kostenfaktor, die Arbeiterklasse und breite Schichten der Bevölkerung verlieren damit Errungenschaften ihrer Kämpfe des vergangenen Jahrhunderts!


Steht der Mensch im Mittelpunkt, wie es die idealistische Anschauung im frühen Kapitalismus sagte? Ganz und gar nicht. Die Medizin und die öffentliche Gesundheitsversorgung sind ein Kampffeld der Klassengesellschaft. Im Kapitalismus ist die Gesundheit der Unterdrückten immer nur so viel Wert, wie es der ökonomischen Notwendigkeit entspricht - was also notwendig ist, um die Arbeitskräfte in einem allgemeinen Durchschnitt für die Aufrechterhaltung der Produktion zu erhalten. Errungenschaften die darüber hinausgehen, waren stets Resultat von Kämpfen. Die moderne Arbeiterbewegung erkämpfte eine öffentliche Gesundheitsversorgung die hinaus ging über das von den Kapitalisten herabgedrückte Maß. Ebenso war es ein zentrales Anliegen, nicht nur einen Ausbau des Gesundheitswesens zu erreichen, sondern das gesamte Sozialversicherungswesen in die Hand und unter Kontrolle der Arbeiter zu stellen. Denn das bedeutet beispielsweise, dass jene die einzahlen, auch darüber bestimmen, welche Leistungen finanziert und gebraucht werden. Solch umwälzende Forderungen richten sich gegen ein kapitalistisches Gesundheitssystem und sind nur im revolutionären Kampf durchsetzbar.


Bevor es eine öffentliche Versorgung gab, war es eine private Angelegenheit, die der Kirche oder einzelnen Wohltätern überlassen war. Arbeitslosen- und Gesundheitsversicherungen waren erste wichtige Errungenschaften der Arbeiterbewegung. Heute sind diese fest in der Hand der Herrschenden, welche ein Interesse haben, dass möglichst viel eingezahlt und wenig ausbezahlt wird. Zur Anschauung: Die privaten Gesundheitsausgaben stiegen von 2005 auf 2017 von 6,6 Milliarden auf 11,3 Milliarden Euro! (4) Das Volk zahlt also doppelt: in die Sozialversicherung und dann noch für zusätzliche private Gesundheitsausgaben. Das macht die Finanzierung des Gesundheitswesens zu einer zentralen Frage: der Erhalt und Ausbau darf nicht erneut zu Lasten der Arbeiter gehen, sondern muss durch jene getragen werden, die die Gesundheit beanspruchen und schädigen: die Kapitalisten.


Seit Beginn der Arbeiterbewegung war die Frage der Gesundheitsversorgung ein zentrales Anliegen. Will man dem Trend des rasanten Abbaus der öffentlichen Versorgung etwas entgegensetzen, muss dieses Kampffeld der kapitalistischen Klassengesellschaft erobert werden.



(1) kurier.at

(2) tips.at

(3) noen.at

(4) dervorbote.at



Bildquelle: Pixabay, CCO






Comments


bottom of page