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Katharina J.

Großbritannien: größter Bahnstreik seit 30 Jahren


Am Dienstag, den 21. Juni, begann der erste Streiktag von 40.000 Arbeiterinnen und Arbeitern bei der Bahn. Die Streikenden fordern höhere Löhne und sie wehren sich gegen Kündigungen und Einsparungen.


Es ist der größte Bahnstreik in Großbritannien seit 30 Jahren, als Ende der 1970er Jahre bei Massenstreiks erfolgreich höhere Löhne erkämpft werden konnten. Davor haben nun die Herrschenden Angst: Premierminister Boris Johnson erklärte am Dienstag: „Wir werden nicht klein beigeben und uns ergeben“ (1), womit er an den Sieg der Arbeiter vor 30 Jahre Bezug nahm.


Die Gewerkschaften, die zu diesem Streik aufgerufen haben, kritisieren die Sparpolitik der Regierung, welche eine Budgetkürzung im Schienenverkehr von insgesamt vier Milliarden Pfund plant (rund 4,6 Milliarden Euro). Diese Einsparungen würden an die Beschäftigten weitergegeben: es seien die Fahrkartenverkaufsschalter an den Bahnhöfen von Schließung bedroht, sowie auch geplant ist 50 Prozent aller Sicherheitsüberprüfungen bei der Eisenbahninfrastruktur über Bord zu werfen, um Stellenabbau durchzusetzen.


Der Streik der Bahnarbeiter ist der erste landesweite Streik seit den massiven Preissteigerungen und somit ein möglicher Startschuss für weitere Streiks der Beschäftigten. Bei den Lohnverhandlungen der Bahnarbeiter lehnte die Gewerkschaft eine Lohnerhöhung von drei Prozent ab – zu Recht, da die Inflation in Großbritannien derzeit bei neun Prozent liegt, mit einer steigenden Tendenz. Die Gewerkschaftsspitze forderte sieben bis acht Prozent Lohnerhöhung, was jedoch immer noch unter der Inflationsrate liegt. Die Arbeiterinnen und Arbeiter müssen genau das fordern, was notwendig ist: keine indirekte Lohnkürzung durch die Teuerungen! Inflation führt dazu, dass die Löhne sinken, die Profite der Kapitalisten jedoch gleich bleiben oder steigen. Deshalb ist es notwendig, dass die Lohnforderungen die Inflation abdecken, ansonsten werden die Arbeiter noch mehr ausgebeutet.


Der Streik der Eisenbahner legte das landesweite Schienennetz lahm, nur ein Fünftel aller Verkehrsverbindungen blieb aufrecht. Auch die Londoner U-Bahn Arbeiter streikten am Dienstag. Der Streik war erst der Anfang, weiters soll am Donnerstag und am Samstag gestreikt werden. Verschiedene andere Gewerkschaften planen in den kommenden Wochen und Monaten die Vorbereitung landesweiter Streiks. Zu den Berufsgruppen gehören Lehrer, Staatsbedienstete und medizinisches Personal in Krankenhäusern. Sie alle verbindet die Forderung nach höheren Löhnen.


Premierminister Boris Johnson warf den Streikenden folgendes vor: „Mit diesen Streiks vertreiben sie Pendler, die letztlich die Jobs der Eisenbahner sichern“ (2). Den Arbeitern vorzuwerfen sie würden sich damit nur selbst schaden, während durch die Preissteigerungen die Löhne gesenkt wurden, ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Denn Herrschenden ist wohl kein Argument zu lächerlich, um die Arbeiter vom Streik und die Bevölkerung von der Solidarität mit dem Streik abzubringen. Dass nicht nur dreiste Argumente gegen den Streik gebracht werden, sondern antidemokratische und arbeiterfeindliche Gesetze, zeigt der Versuch Streikbrecher legal zu beschäftigen. So kündigte Verkehrsminister Grant Shapps eine Gesetzesänderung an, die Bahnbetreiber zu einer Minimalversorgung an Streiktagen verpflichten soll und die Vertretung von streikendem Personal durch Leiharbeiter erlauben könnte. „Wir werden dafür sorgen, dass solche Dinge in Zukunft weniger Schaden anrichten” (3), sagte Shapps dem Sender Sky News. Dieser Vorstoß richtet sich gegen die gewerkschaftlichen Rechte der Arbeiter und soll die Möglichkeit der Arbeiter, den Streik als Druckmittel für die Durchsetzung ihrer Forderungen und Interessen einzusetzen untergraben. Wenn sich die Arbeiterklasse konsequent für ihre Forderungen und Interessen einsetzt, werden sie dieses Vorhaben zu verhindern wissen und ihren Kampf um Lohnerhöhungen und gegen Einsparungen erfolgreich weiterführen.




(1) handelsblatt.com

(2) derstandard.at

(3) ebd.


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