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Andrea J.

Kriegshetze oder Befreiungskampf?

Aktualisiert: 15. Juli 2022

So laut wie schon lange nicht, ertönt auch in Österreich der Ruf nach Kriegsbeteiligung und Aufrüstung. Die Zeit des „Friedens“ sei vorbei, der Kampf gegen Russland und andere „Schurkenstaaten“ habe begonnen. Man dürfe sich nicht hinter der Neutralität verstecken, so der Tenor der Herrschenden und ihrer Medien. Zu einfach werden die „Guten“ und die „Bösen“ ausgemacht und Begriffe wie „Befreiungskampf“ und „Kriegshelden“ verwendet.


Ende April wurde der sogenannte „Emma-Brief“, entstanden rund um das deutsche Magazin „Emma“, veröffentlicht. Dessen Unterzeichner, die vielfach aus Kunst und Kultur kommen, verlangen nach einem Exportstopp schwerer Waffen in die Ukraine und einem Waffenstillstand. Der Brief sammelte weitere 275.000 Unterschriften, was doch eine beachtliche Ablehnung der Kriegsteilnahme demonstriert. Nicht weniger beachtlich ist die regelrechte mediale Hexenjagd, welche gegen die Unterzeichner dieses Briefes veranstaltet wurde. Die Diskreditierung einer Haltung die sich gegen Waffenexporte stellt reichte von deutschen Politikern, österreichischen Medien, bis zu zahlreichen prominenten Personen. Für ORF-Chefredakteur Heidegger ist die Feststellung, dass „Lieferungen großer Mengen schwerer Waffen“ (1) zu einer Ausweitung des Krieges führe, schlicht eine „Ursachenverdrehung“ (2). Die „FAZ“ nennt den Brief „empathiefrei und unbeeindruckt von den Kriegsverbrechen“ und eine „Aufforderung der Kapitulation“ der Ukraine, was jedoch mit keinem Wort im Brief erwähnt wird. Die Beschuldigungen, die Unterzeichner würden die russische Invasion unterstützen, soll davon ablenken, um was es in diesem Krieg wirklich geht. Sowohl beim „westlich“ gestützten Putsch 2014, als auch bei den wechselseitigen Provokationen und dem Einmarsch Russlands 2022 geht es um die Arbeitskräfte und Rohstoffe der Ukraine, um Hegemonie in Europa und weltweit. Insofern „liegt es im Interesse Deutschlands, einen Erfolg des russischen Angriffskriegs zu verhindern“. (3)


Gleichzeitig werden die Soldaten der ukrainischen Nationalarmee im Asow-Stahlwerk in Mariupol, deren Niederlage den derzeitigen Vormarsch Russlands einleitete, als Helden gefeiert. Ohne die russischen Verbrechen bei der Belagerung der Stadt herunterzuspielen, sei dabei an die Rolle dieser „Helden“ erinnert: „Wenn man die Stadt zu verlassen versucht, gibt es das Risiko einer Patrouille der ukrainischen Faschisten, dem Asow-Battallion in die Arme zu laufen. Sie würden mich umbringen.“ (4) Die sogenannten „Kriegshelden“ des „Asow-Battallions“ sind faschistische Marionetten, die schon Jahre vor dem russischen Einmarsch Terror gegen die Bevölkerung ausübten: vom „Odessa-Massaker“, bei dem 50 ukrainische Gewerkschafter, Antifaschisten und Revolutionäre bei lebendigem Leib verbrannt wurden, über Morde an Kritikern der volksfeindlichen Regierung, bis hin zu Schikane und Misshandlung von Minderheiten wie Griechen, Bulgaren, Roma und Sinti. Die Marionetten des „Westens“ stehen sicher nicht auf der Seite der ukrainischen Bevölkerung und sind das Gegenteil von „Freiheitskämpfern“, sie kämpfen höchstens für die Freiheit des Kapitals, all jene zu massakrieren die sich nicht einer Unterdrückerherrschaft beugen wollen.


Der russische Imperialismus führt den Krieg für eine (teilweise) Vorherrschaft in der Ukraine und den Erhalt seines Einflusses in Osteuropa und am Balkan. Wann „Friedens“verhandlungen eingeleitet werden, liegt hauptsächlich an der Erfüllung seiner Kriegsinteressen und dem Erfolg oder Misserfolg seiner Truppen. Aber auch der „Westen“, allen voran die USA, Großbritannien und Deutschland, führt keinen Krieg für den Frieden. Die NATO-Beitritte Schwedens und Finnlands zeigt unter anderem, dass sich die EU auf noch stärkere Involvierung und eine Ausweitung des Krieges vorbereitet.


Eine Friedensbewegung die sich auf Erfolg oder Misserfolg einer Seite der imperialistischen Kriegstreiber stützt, ist keine Friedensbewegung im Dienst der Völker. Besonderes Misstrauen ist angesagt, wenn all jene von „Befreiungskampf“ sprechen, die ansonsten damit glänzen Befreiungskämpfe der Unterdrückten mit Terrorismus gleichzusetzen. Wo sind diese lauten Stimmen wenn die revolutionäre Bauernbewegung in Brasilien von den Schergen der Bolsonaro-Regierung, bewaffnet durch die USA, verfolgt und massakriert wird? Wo sind sie wenn wirkliche Befreiungskämpfer des Volkes in Indien zu 10.000en in den Gefängnissen gesperrt und gefoltert werden? Und wo sind sie, wenn die Unterdrückten und Ausgebeuteten sich gegen die Mächtigen auflehnen, die dem Volk Hunger und Elend, den Kapitalisten Reichtum und ihnen dienliche Gesetze bringen? Eine wirkliche Friedensbewegung darf nicht nach Interessen oder Waffenstillstandsabkommen der Mächtigen urteilen, sondern nach den Forderungen und Zielen der Völker. Deshalb ist der Befreiungskampf unabwendbar verbunden mit dem Bedürfnis nach Frieden der Völker, denn nur durch einen demokratischen, nationalen Zusammenschluss und eine revolutionäre Erhebung können sie sich den Plänen der Imperialisten und Herrschenden widersetzen und dem reaktionären Krieg den Befreiungskrieg entgegenstellen. Ansonsten ist das Wort „Befreiung“ nur ein Betrug, der die Beherrschung anderer Länder und Völker legitimieren soll.


(1) Der „Emma-Brief“: emma.de, (2) orf.at, (3) Der sogenannte Gegenbrief: „Die Sache der Ukraine ist auch unsere Sache! Ein anderer Offener Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz“

(4) Ein Interview der griechischen Zeitung SKAI News mit einem Angehörigen der griechischen Minderheit in Mariupol: twitter.com,



Bild: Romanian soldiers operate a German Gepard tank, by U.S. Department of Defense Current Photos, Public Domain via Wikimedia Commons

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