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Walter Z.

Vom „Ende der Pandemie“ in den vierten Lockdown.

Aktualisiert: 13. Jan. 2022

Zum vierten Mal innerhalb von nicht ganz zwei Jahren verordnete die Bundesregierung mit Unterstützung eines Großteils der Opposition der Bevölkerung einen Lockdown. Selbstverständlich schränkt dieser Lockdown, wie auch die vorherigen, vor allem das soziale und kulturelle Leben ein, die Produktion läuft hingegen weiter, die Profite des Kapitals werden also nicht „ge-lockdowned“.


Der neuerliche Lockdown ist Ausdruck dessen, dass es den Herrschenden in keiner Weise gelang, die Pandemie in Österreich auch nur annähernd in den Griff zu bekommen. Alle ihre Heilsversprechen scheitern mit diesem Lockdown kläglich. Auch die Auswechslung des Gesundheitsministers (von Anschober zu Mückstein) brachte überhaupt keine Änderung, wie es doch großartig propagiert worden war. Das „Chaos“ der Pandemiebekämpfung wurde alleine Anschober zugeschanzt, mit dem neuen Gesundheitsminister sollte alles besser werden. Doch die herrschende Klasse hat sich auch mit dem Ministerwechsel keinen Millimeter aus der politischen Krise befreien können. Im Gegenteil, die Pandemiebekämpfung wurde immer weiter auf die Frage des Impfens bzw. der Durchimpfungsrate verengt und zugespitzt, während es im Gesundheitswesen weitere Einsparungen gab, anstatt dieses auch nur ansatzweise auszubauen, oder zumindest für erträgliche Arbeitsbedingungen des medizinischen Personals zu sorgen. Nun, mit dem vierten Lockdown, ist die allgemeine Empörung völlig zu Recht sehr groß. Die einen fragen sich, warum sie sich denn haben impfen lassen, wenn sie nun doch wieder „eingesperrt“ werden, die anderen sehen im neuen Lockdown die Bestätigung ihrer schlimmsten Befürchtungen. Und erneut wird es tausende neue Arbeitslose geben, unzählige verzweifelte Eltern, die nicht wissen, wie sie das alles noch bewältigen sollen und Sportvereine, die bestenfalls zugesperrt sind.


Mit der Einführung der Impfpflicht (ab 1. Februar 2022) sprach die Regierung in Wahrheit das endgültige und offene Eingeständnis aus, dass sie eben gerade nicht, wie sie es unverdrossen behauptet, „die Gesundheit der Menschen in den Vordergrund rückt“ und schon gar nicht dazu in der Lage ist, für ein Gesundheitswesen im Dienste des Volkes zu sorgen. Rund 5,7 Milliarden Impfdosen wurden weltweit schon verbraucht. Tatsächlich halten sich die unmittelbaren, starken Nebenwirkungen in einem gewissen Rahmen, wenngleich das natürlich immer auch eine Frage des Meldewesens ist, welches wiederum in Österreich so gestaltet ist, dass eine realistische Erfassung unmittelbarer Impfnebenwirkungen und -schäden nur schwer möglich ist. Doch auch wenn unmittelbare Nebenwirkungen und rasch auftretende Schäden sich in gewissen Grenzen halten, ist es nach wie vor Tatsache, dass über die Langzeitfolgen fast gar nichts gesagt werden kann. Weiter sagte vor kurzem selbst der Ober-Impfguru Deutschlands, Christian Drosten, mit Blick auf die Mutationen des Virus, dass die derzeitigen Impfstoffe einen immer geringeren Schutz gewähren, da sie für eine „andere Virusgeneration entwickelt wurden“. Dass aber Virusmutationen gerade dadurch gefördert werden, wenn man in eine Pan- oder Epidemie „hineinimpft“, das gehört zum ABC der Seuchenbekämpfung und ist nicht erst seit Corona bekannt. Trotz all dem propagierten die Herrschenden und ihnen nahestehende Virologen, Epidemiologen, Statistiker, usw. die Zuspitzung auf das Impfen als angeblich einzigen Ausweg. Dabei sprechen sie davon, dass die Durchimpungsrate nur knapp über 60 Prozent der Bevölkerung liegt, was aber voraussetzt, dass man auch Neugeborene, Kleinkinder, usw. mitrechnet. Beschränkt man sich auf die Erwachsenen, dann sieht die Zahl ganz anders aus, denn liegt die Durchimpfungsrate schon bei über 80 Prozent. Trotz aller Anstrengungen der bürgerlichen Politik alles auf die Impffrage zu reduzieren, sind die Intensivstationen voll und die Zahl aktiver Fälle sehr hoch. Doch während die Regierung Millionen in windige Kampagnen investierte (die natürlich nicht aufklärten, sondern vor allem Angst und Spaltung verbreiteten), gab es nirgendwo in Österreich in den vergangenen zwei Jahren auch nur ein einziges zusätzliches Intensivbett, gab es keine Aufstockung des medizinischen Personals und auch keine Verbesserung der Anreize dafür medizinische Berufe zu ergreifen oder in ihnen zu bleiben. Von all dem keine Spur!


Nichts als leere Versprechungen und reinste Propaganda waren die Ansagen von wegen „Für Geimpfte ist die Pandemie vorbei!“ oder überhaupt gleich „Die Pandemie ist beendet!“. Das waren keine Irrtümer, denn dass die Pandemie nur aufgrund der Impfung schon wegen der Mutationen des Corona-Virus nicht vorbei sein wird, dass mussten die Herrschenden wissen. Weder wurde das öffentliche Gesundheitswesen ausgebaut, noch wurde beispielsweise eine öffentliche, kritische Debatte über die potenziellen Gefahren der verkürzten Impfstoffzulassung gefördert oder auch nur Platz dafür gelassen. Stattdessen gibt es jetzt einen neuen Lockdown, Impfpflicht und den massiven Ausbau von Polizeipräsenz und Befugnissen der Exekutive. Kanzler Schallenberg sagte in der Sonder-ZiB am 19. November ganz offen, dass die „Grund und Freiheitsrechte nun extrem eingeschränkt werden“.


Um von ihrer offensichtlichen politischen Krise abzulenken, setzten die Herrschenden verstärkt auf Spaltung des Volkes. Die Geimpften sollen die Ursache aller Schlechtigkeiten in den Ungeimpften sehen – und umgekehrt. Die Spaltung des Volkes soll sich innerhalb eines vollständig neoliberalen Programms vollziehen, denn je mehr die Spaltung vertieft wird, desto mehr rückt die Frage des öffentlichen Gesundheitswesens, seiner offenbar viel zu niedrigen Kapazitäten, seiner Aushungerung, in den Hintergrund. Immer wieder ist dabei auch zu hören, dass Ungeimpfte sich so entschieden haben, dann müssten sie auch die Konsequenzen selbst tragen und solle nicht das öffentliche Gesundheitswesen belasten. Sagt man dasselbe auch über Alkoholkranke? Über Betriebs- und Arbeitsunfälle, die sich bei schlechten Arbeitsbedingungen mehren? Gilt diese Logik bald auch für Berufserkrankungen, denn man „hätte ja was anderes lernen können“? Darauf soll es wohl hinauslaufen. Schuld ist immer nur noch der Einzelne und seine Entscheidung, so etwas wie öffentliche Gesundheitsversorgung, muss aus den Diskussionen und dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden, bevor es weiter privatisiert und kaputtgemacht werden kann. Ähnliches gilt für das öffentliche Erziehungs- und Schulwesen. Die politische Stoßrichtung der gegenwärtigen Spaltung in Geimpfte und Ungeimpfte ist also vollkommen klar: Rückbau der öffentlichen Versorgung, Abbau von Arbeitsrechten, Entdemokratisierung. Es ist daher von enormer Wichtigkeit, dass alle fortschrittlichen und demokratischen Kräfte gegen die von den Herrschenden betriebene Spaltung und ihre neoliberale Zielsetzung auftreten. Ob geimpft oder ungeimpft, die Forderungen und Ziele der Proteste und Kritik müssen lauten: Für den massiven Ausbau des öffentlichen Gesundheitswesens! Für bessere Arbeitsbedingungen des medizinischen Personals! Für ein Gesundheitswesen im Dienste des Volkes!


Wenn politische Krisen sich vertiefen, greift die herrschende Klasse politisch immer wieder auf die Sozialdemokratie zurück. Von ihr erhofft man sich, dass sie zornige und unruhige Massen besser einbindet, für die Ziele der Herrschenden gewinnt und ruhig stellt. Nun ist es zwar offensichtlich, dass diese Rolle der Sozialdemokratie immer weniger gelingt, denn gerade in den breitesten Teilen der Arbeiterschaft verliert sie seit Jahren massiv an Einfluss, doch gegenüber kleinbürgerlichen Schichten und gewissen kleineren Teilen der Arbeiterklasse, kann sie diese Funktion nach wie vor bis zu einem gewissen Grad erfüllen. Daher wird sie von den Herrschenden auch zunehmend als „Alternative“ präsentiert und wieder fit dafür gemacht, eine sogenannte „Regierungsverantwortung“ zu übernehmen. Da sich große Teile der Linken gleichzeitig an einer Hegemonie der Sozialdemokratie orientieren (ungeachtet der Tatsache, dass unter ihrer Führung die ersten Privatisierungen im Gesundheitswesen stattfanden), ist es überaus fragwürdig ob sie es verstehen werden, im Kampf gegen die undemokratischen Corona-Maßnahmen der Regierung und die neoliberalen Pläne der herrschenden Klasse eine unabhängige, demokratische und revolutionäre Zielsetzung zu entwickeln, was aber notwendig ist, um das große Potenzial das der Klassenkampf den Unterdrückten derzeit bietet, voll ausschöpfen zu können. Alle demokratischen und revolutionären Kräfte werden auf jeden Fall mit all ihre Kräften daran arbeiten, fortschrittlichen Zielen einen politischen Ausdruck geben zu können und damit auch dagegen ankämpfen, dass die „loyale Opposition“ der Rechten den Zorn und die Wut der Massen für ihre Zwecke ausnutzt und missbraucht.


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