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Wiener jüdische antizionistische Erklärung

 

Wir möchten hier eine Erklärung teilen, die durch die „Wiener jüdisch anti-zionistische Initiative“ (juedisch-antizionistisch.at) veröffentlicht wurde. Diese Erklärung ist eine wichtige Initiative gegen die Gleichsetzung von Judentum und Zionismus durch die Imperialisten und Herrschenden, unter anderem als reaktionäres Instrument gegen all jene, die sich für die Freiheit und Selbstbestimmung Palästinas einsetzen.

 

 







Wiener jüdische antizionistische Erklärung:


Wir, die Unterzeichnenden, sind Menschen mit jüdischem Familienhintergrund, Nachkommen von Vertriebenen und/oder Opfern des Holocausts, Holocaust-Überlebenden und Widerstandskämpfer:innen gegen das Nazi-Regime mit Bindungen an Österreich, die sich für universelle Menschenrechte, Gleichheit und einen gerechten Frieden einsetzen.


Durch die israelitische Kultusgemeinde, die behauptet, alle Jüd:innen in Österreich zu repräsentieren, und die jedes Vorgehen Israels uneingeschränkt unterstützt, fühlen wir uns nicht vertreten.


Wir, die Unterzeichnenden, fordern die Politik, die Medien sowie die staatlichen Institutionen in Österreich auf, endlich die Vielfalt der Meinungen unter der jüdischen Bevölkerung dieses Landes und weltweit zur Kenntnis zu nehmen, anzuerkennen und dieser einen Platz im öffentlichen Diskurs zu geben.


Über den ganzen Globus hinweg verurteilen Jüd:innen wie wir das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser:innen, den Völkermord, den Israel in Gaza begeht, die ethnische Säuberung und koloniale Inbesitznahme des Westjordanlands. Unmissverständlich erklären wir: „Das passiert nicht in unserem Namen!“ und „Nie wieder muss für alle Menschen gelten!“


Der antisemitische Bürgermeister Wiens, Karl Lueger, erklärte einst: „Wer ein Jud ist, das bestimme ich.“ Wer mit seiner Politik mitging, den nahm Lueger aus vom „Jud-Sein“. Die Stimmen, die seiner Politik zuwiderliefen, das waren nach seiner Definitionshoheit die Stimmen „der Juden“.


Heute werden wieder jüdische Stimmen in Österreich nach diesem Grundsatz verschwiegen und delegitimiert – wenn auch in Umkehrung als „Wer kein Jude ist, bestimmen wir“. Wer mit Israel ist, darf als „jüdisch“ gelten und als Jüd:in sprechen, wer es nicht ist, soll als „Nicht-Jüd:in“ schweigen. Das erkennen wir als eine Form des Antisemitismus und als Beihilfe zur Verbreitung des Antisemitismus, denn damit wird das Jüdisch-Sein untrennbar mit Israel und dem Völkermord an den Palästinenser:innen verbunden und der Hass auf Jüd:innen geschürt.


Wir, die Unterzeichnenden, fordern unmissverständlich, dass wir unsere Ansichten frei äußern können. Wir fordern das Recht auf freie Meinungsäußerung, ohne von den einen als „Nestbeschmutzer:innen“, „unechte Jüd:innen“ oder „selbsthassende Jüd:innen" bezeichnet zu werden und von den anderen als „Terrorunterstützer:innen“ oder „Israelhasser:innen“, sowie generell als „Antisemit:innen“ diffamiert zu werden.


Wir, die Unterzeichnenden, verweisen auf die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus vom März 2021, die eine zeitgerechte Definition von Antisemitismus unternimmt. Sowohl die Verfasser:innen als auch die 359 Unterzeichner:innen sind von höchstem akademischen Renommee und Expert:innen im Feld der Antisemitismusforschung. Die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus kann eine Alternative zur bewusst schwammigen Arbeitsdefinition des Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) von 2016 bieten, die als ein politisches Werkzeug zur Unterdrückung von Kritik an Israel dient.


Wir, die Unterzeichnenden, unterstützen die palästinensischen Forderungen nach Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und der vollen Gewährung aller menschlichen, nationalen, politischen und staatsbürgerlichen Rechte, wie sie im Völkerrecht verankert sind.


Wir, die Unterzeichnenden, verstehen das Judentum als Religion und als Kultur mit reichen Formen. Den Zionismus lehnen wir als eine Form von Ethno-Nationalismus, Rassismus und Kolonialismus ab.


Wir, die Unterzeichnenden, erkennen den Zionismus als eine nationalistische Ideologie, die nicht für die Gleichheit aller Bürger:innen eintritt. Schon zu seinen Anfängen war er dem Selbstverständnis nach ein siedlerkoloniales Projekt, das er bis heute geblieben ist. Der Staat Israel wurde mit dem Vorsatz gegründet, die einheimische indigene Bevölkerung zu vertreiben und deren Land zu rauben. Ihm eingeschrieben ist ein Expansionsdrang, der für die ganze Region Krieg und Chaos bedeutet (Libanon, Syrien…). Wir lehnen sowohl den sogenannten „Rechten Zionismus“ als auch den sogenannten „Linken Zionismus“ ab, die auf denselben Prinzipien beruhen.


Die zionistische Ideologie hat dazu geführt, dass Israel Menschen vertreibt, Land raubt, Felder und Wasser vorenthält, Mauern baute und einen Genozid am palästinensischen Volk verübt. Unbeirrt geht die extremistische Regierung Israels den Weg der Kolonialisierung Palästinas weiter und errichtet ihr System der Apartheid mit der Unterstützung der USA und der EU.


Wir, die Unterzeichnenden, stehen für eine Lösung ein, die allen Menschen in dem Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer – gleich welcher Nationalität oder Religion – gleiche Rechte garantiert. Für die Vertriebenen sowie für ihre Nachkommen gilt in Übereinstimmung mit der UN-Resolution 194 das Recht auf Rückkehr.


Wir, die Unterzeichnenden, halten fest, dass es nicht antisemitisch ist, auf die systematische rassistische Diskriminierung durch den Staat Israel hinzuweisen, dass es nicht antisemitisch ist, Israel Siedlerkolonialismus, Apartheid, ethnische Säuberung und Völkermord vorzuwerfen, dass es nicht antisemitisch ist, Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen gegen Israel als gängige, gewaltfreie Formen des politischen Protests zu fordern.


Wir, die Unterzeichnenden, fordern von der österreichischen Bundesregierung auf, sich einzusetzen für einen sofortigen dauerhaften Waffenstillstand in Gaza und im Westjordanland, einen sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen an Israel, ein Ende aller Kooperationen, insbesondere der militär-, sicherheits- und überwachungstechnologischen, die Israel die Fortführung seiner Apartheidpolitik ermöglichen, sowie die sofortige Aufkündigung des EU-Assoziierungsabkommens. Israel muss gezwungen werden, seinen Krieg und den Völkermord gegen das Palästinensische Volk, jegliche Form der Vertreibung, der Besatzung und des Landraubes sofort zu beenden. Die Verantwortlichen für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Kriegsverbrechen und den Genozid müssen zur Rechenschaft gezogen werden.


Wir, die Unterzeichnenden, halten fest, dass nicht Israel Jüd:innen schützt, sondern dass es die Pflicht aller Staaten der Welt ist, ein Klima zu schaffen, in dem Rassismus – und damit auch Antisemitismus – keinen Boden findet und alle Menschen in Sicherheit leben können.


Judentum ist nicht Zionismus!

 

 

Unterstützerinnen und Unterstützer der "Wiener jüdische antizionistische Erklärung":


Falls auch du die Erklärung mit deinem Name oder deiner Organisation unterstützen willst, dann melde dich bei uns - Formular weiter unten!


  1. Dalia Sarig, Palästina-Aktivistin, lebte eine Zeit lang in Israel, kehrte wegen des strukturellen Rassismus zurück nach Österreich

  2. Ernst Wolrab, Antifaschist, Palästina-Aktivist, Kommunist, Nachfahre von Verfolgten des Nazi-Regimes

  3. Andreas Wimmer, Marxist, Gründer der Stimmen für Neutralität, Vater prominenter antifaschistischer Widerstandskämpfer, hat viele Familienmitglieder im Holocaust verloren

  4. Benjamin Fasching-Gray, Judeobolschewiener:innen

  5. Monika Vykoukal, Judeobolschewiener:innen

  6. Andrew Feinstein, die Mutter überlebte in einem Kohlenkeller versteckt in Wien Floridsdorf und wanderte nach Südafrika aus, ehemaliger Abgeordneter des ANC

  7. David Sonnenbaum, Umwelt- und Gemeinschaftsaktivist

  8. Adam Baltner, Autor, lebt in Wien

  9. Ruth Orli Moshkovitz, BDS-Aktivistin, Judeobolschewiener:innen

  10. Elisabeth Dokulil, Dr., Nachkomme von Holocaustüberlebenden

11.  Gunnar Bernhard, Behindertenbetreuer, Nachfahre von Verfolgten des NS-Regimes

12.  Samuel Welber, Mitglied Frauen in Schwarz Wien, aus Israel ausgewandert

13.  Davut Mizrahi, Kunsthändler in Wien

14.  Paul Stern, Nachfahre von Opfern des Nazi-Regimes

  1. Franziska Markus, Enkelin eines Holocaustüberlebenden und Nachfahrin von im KZ Auschwitz ermordeten Familienmitgliedern, Mitglied bei Austrian Jews for Decolonial Anti-Zionism (OJDA) und Peace Movement Westaustria

  2. Maya Rinderer, Aktivistin bei Judeobolschewiener*innen, Nachfahrin von Holocaustüberlebenden

17.  Mara Zuckerhut, Nachfahr*in von Holocaustüberlebenden

18.  Axel Magnus, Gewerkschafter

19.  Claire Chatel, Textil-Künstlerin

  1. Katrine Kloiböck Feuerstein-Levy, Peace Movement Austria West, Österreichische JüdInnen für Dekolonialen Antizionismus (OJDA)

21.  Eliora Henzler, Nachkommin von Rabbi Rashi (Interpret des Talmud)

22.  Joan Unterweger, Frauen in Schwarz Wien, Beacon (NY) Ceasefire Now Coalition

  1. Patricia Dicker, pensionierte Textilunternehmerin, Tochter von Gegnern des Nationalsozialismus

24.  Felicitas Schönauer, Ärztin, Nachkomme von Holocaust-Opfern

25.  Esther Attar-Machanek, Künstlerin

  1. Marianne Kohn, Nachkommin von Überlebenden des Holocaust, Geschäftsführerin der Loos-Bar

  2. Nir Adin-Unger, im Exil

28.  Eva Burian, Psychologin in Pension, Nachkomme von Holocaust-Opfern

  1. Ellen Lewis, ehemalige Lehrerin an der International School, progressive Aktivistin, Mitbegründerin der Initiative "Not In Our Name" Vienna

  2. Hannah Hetzer, arbeitet im Bereich Drogenpolitik, US-/österreichische Staatsbürgerin mit jüdischen Wurzeln, wohnhaft in New York

  3. Rebecca Hetzer, arbeitet im humanitären Hilfssektor, US-/österreichische Staatsbürger:in mit jüdischen Wurzeln, wohnhaft in Juba, Südsudan


Weitere Unterzeichnerinnen und Unterzeichner:

·       Österreichische JüdInnen für Dekolonialen Antizionismus (OJDA)

·       Vidal Serfaty (Großrabbiner Marokkos)

·       Abraham Serfaty (Sozialist & Antizionist in Marokko)

·       Peace Movement Austria West

 

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